Quereinsteiger im Weinbau sind wichtig. Denn vielfach sorgen sie für den Erhalt kleiner Landwirtschaften – oder bauen neue auf, in dem sie sich einen Traum erfüllen. In Halbturn besuchen wir Günter Neukamp, der mit dem Winzer Thomas Stadler sein eigenes Weinprojekt startete.
Konzentrationstendenzen sind auch dem Winzertum nicht fremd. Doch zum Glück will ja jeder ernsthafte Weinfreund tief drinnen auch seinen eigenen Wein machen. Manche setzen diesen Traum um. Und im Falle von Günter Neukamp hatte er zum Glück einen guten Freund, der auch die Trauben dazu hat. In Halbturn startete er mit Thomas Stadler vom gleichnamigen Weingut 2018 seine Winzerkarriere.
Neukamp&Stadler, wie das gemeinsame Projekt heißt, greift dabei aber nicht zum traditionellen Haideboden-Zweigelt. Die Auswahl läßt den „Blockbuster“ des Seewinkels aus und widmet sich Pinot Noir, Cabernet Franc und Pinot Gris in den Weingärten. Der Erstling aber ist ein Weißer, auch hier aber keine Mainstream-Sorte: Grauburgunder, der mächtig reif wird nahe dem heimischen Hitzepol und auch ins kleine Holzfass darf.
Im Gaumen-Kino: Arthouse statt Blockbuster
An die 15% Alkohol sind in heißen Jahren (also fast immer in der letzten Dekade) keine Seltenheit; auf Mineralik von Kalkböden braucht man auf dieser Seite des Sees nicht hoffen. Es liegt also an einem Holzeinsatz, der dem französischen Vorbild Chardonnay nahekommt, für die beruhigende Dramaturgie zu sorgen. Für den FIATA zog Günter Neukamp ein erstes Resümée: Die Trauben des Jahrgangs 2020 waren bislang unsere besten. Und wir haben in diesen nur drei Jahren wahnsinnig viel gelernt“.
Es steckt viel Herzblut und auch familiäres Engagement hinter den wenigen hundert Flaschen, die es von den Weinen gibt. Das Etikett etwa, eine buntes Kunstwerk, steuerte Neukamps Tochter bei. Und die Qualitätsschrauben zieht der Experte für Sicherheitsmanagement auch im Keller an. Der Holzeinsatz etwa war Neukamp anfangs zu wuchtig, 2019 nähert man sich der „burgundischen“ Ausformung. Anders gesegt: Zergehenlassen eines Butterkekses statt Lutschen am Eichenbrett soll der sinnliche Eindruck sein. Und dem nähert man sich mit großem Lernfortschritt. Denn geredet haben wir genug. Nun will der Erstling – der Pinot Gris Reserve „Ried Lehendorf” 2019 – gekostet sein.
So schmeckt der Erstling „Ried Lehndorf“ 2019
Ein erster Duft von Akazienblüten und Marzipan geht der Vanille der Fasslagerung voraus. Tropenfrüchte wie Ananas verbinden sich mit diesen (immer nur zarten!) Röstnoten der Barriques. Auch im Mund ein exotischer Aromen-Cocktail, bei dem man an die gute, alte Obstschnitte samt Gelée denken mag. Relativ leichtfüßig für seine 14% vol. kommt der Pinot Gris jedenfalls daher. Das Holz tritt zurück, je mehr Zeit und Luft man dem Seewinkler im Glas gönnt. Das Finale ist der einzige Part, wo man dem 2019er seine Jugend noch anmerkt – hier zeigt er noch etwas Gerbstoff, die Wein-Version von „Babyspeck“. Geben wir ihm einfach Zeit im Keller. So wie das auch Neukamp&Stadler machten!
P.S.: Wem das als Solist zu heftig ist , der „Ried Lehendorf” passt wunderbar zu Essen. Pasta mit Eierschwammerl, Risotto oder gebackene Hühnerleber wären drei FIATA-Tipps.
Fotos: Roland Graf (FIATA Media)