Es darf wieder verkostet werden! Blaufränkisch und Co. werden am 13. und 14. August bei den Winzern der Rotweingemeinde reichlich eingeschenkt werden – hier vorweg schon ein paar Tipps für das Glas!
Der Weinbauverein Neckenmarkt beendet die Verkostpause, die mittlerweile zu lange für alle Weinfreude anhält. Keine Genuss-Messen, keine Weinfeste und somit auch wenig Gelegenheit zum Vergleich eines Jahrgangs sorgen schließlich bei Produzenten wie Konsumenten für Frust. Die unter strenger „3 G“-Kontrolle abgehaltenen Rotweintage wollen das ändern. 13 Betriebe aus dem Ort stellen ihre Abfüllungen vor (zum Programm geht’s hier). Was die Besucher am 13.und 14. August erwartet, wenn es mit Traktor oder Kutsche von Keller zu Keller geht, haben wir vorgekostet!
Den Weinen des Ortes nähert man sich natürlich am besten über die Paradesorte Blaufränkisch. Ein Wein wie Georg Wieders „Glimmerschiefer“ zeigt die Finesse dieser Sorte, die keineswegs nur auf Lehmböden steht in der Region. Der karge Schieferboden der Neckenmarkter Ried Hochberg gibt schließlich der Reserve 2017 nicht nur den Namen, er zeigt sich auch in der fast rauchigen ersten Nase dieses Weins. Es folgen dunkle, eigentlich: dunkelste, Beeren, besonders Maulbeere und Holunder. Letzterer zeigt mit einer herben Duftspur auch die Würze des Rotweins an. Und sie wird erneut auftauchen. Hinter dem saftigen Kern aus schwarzen Beeren und sehr reifer Kirsche kommt nämlich noch mehr – ein leicht salziger Zug, aber auch die Pikanz von Oliven und Kapern. Mit dieser „Grundausstattung“ zeigt Wieders 2017er auch sein großes Lagerpotential, ein generelles Kennzeichen der Neckenmarkter Blaufränkischen!
Unbedingt kosten sollte man auch die Weine von In Signo Leonis und das aus mehreren Gründen. Zum einen feiert Pionier Heribert Bayer dieser Tage seinen 80. Geburtstag, zum anderen hat er das international übliche Konzept des négociants – Weinmacher ohne eigene Trauben – in den 1990ern auch in Österreich salonfähig gemacht. Die unkonventionelle Namensgebung und die langlebigen Weine seiner Weine im Zeichen des Tierkreises (Löwe, Schütze, Wassermann) sorgten für rasche Bekanntheit. Patrick Bayer hat diese Linie erweitert, von ihm stammt etwa der „In signo Sagitarii“ 2015: Ein Blaufränkisch von tiefdunkler Aromatik, der aus über 60-jährigen Stöcken stammt und das Tierkreiszeichen des Winzers trägt. Die Signatur gekonnten Holzeinsatzes riecht man förmlich; zwei Jahre ruhte er im Barrique und der Duft von Edel-Nougat, zart kokelndem Lagerfeuer und Trüffeln begleitet die Heidelbeer-Frucht dieses Weins.
Seidig und fast schüchtern läßt er sich am Gaumen an, ein Auftritt, der die 14,5% vol. am Etikett als Irrtum erscheinen lässt. Die zarte Säure begleitet einen Wein, der kompakt und mit Tiefgang die Papillen kitzelt; neben schwarzen Beeren stützt das Tannin den fast „gefährlich“ leichtfüßigen Trinkfluss. Definitiv am ersten Genuss-Höhepunkt!
Hollerkoch und Assam-Tee: Die Würze prägt die Ortsrieden
Mit seinem Heurigenbetrieb, der „Jubiläumsschenke“, zeigt Christian Weinhäusel immer wieder einer Experimentierfreude (z. B. mit dem Wermut „vanChri“). Und neben dem Blaufränkisch als Gebietsregenten widmet sich der Winzer auch Sorten wie Syrah und Veltliner. Fein gerät aber auch der Zweigelt, der wie einige Weinhäusel-Weine von der Lage Hochberg stammt. Der 2019er ist eine Variante, die mit einer Nase nach Brombeeren, dunkler Nuss und – falls man dem Rotwein Luft gibt – auch rotbeerigen Noten aufwartet. Rund und saftig, bringt dieser Neckenmarkter ein fast viskoses Mundgefühl mit. Etwas Assam-Tee zeigt den Gerbstoff des noch jungen Zweigelt an, zarte Fruchtsüße und ein leicht rauchiger Ton liefern sich ein interessantes Gaumen-Match. Im Finish ergänzen dann Kompottgewürze (etwa Gewürznelke) mit sehr feiner Klinge den Gesamteindruck. Das sollten Sorten-Skeptiker einmal probieren…
Gebündelt hat die roten Sorten der Region Lukas Hundsdorfer, der die Cuvée „Canis“ 18 Monate im Barrique beließ. Vater Anton sorgte als Weingarten-Manager des Betriebs für reifen Blaufränkisch (30 %), Zweigelt (30%), Merlot und Cabernet Sauvignon (je 20% im Blend). Helle und einladende rote Früchte wie Herzkirsche und Hagebutten legen im Duft vor. Die würzige Seite des Neckenmarkters zeigt sich mit einem Anflug von getrockneten Steinpilzen. Kühl und leichtgängig ist auch dieser Weine, das noch jugendliche Tannin sorgt für einen guten „Grip“ zu den feinen Schwarzbeer-Noten. Vanille und etwas „Hollerkoch“ ist auch zu schmecken bei diesem „Canis“ (latein.: „Hund“) 2017. Es ist ein Wein, der in sich ruht und den man sich schon für die herbstliche Wildsaison vormerken – oder bei den Rotweintagen besorgen – sollte.
Klarerweise ist auch der größte Betrieb des Orts, die Genossenschaft Neckenmarkt die Winzer, am zwei-tägigen Festival vertreten. Und das durchaus mit geschwellter Brust. Nicht wegen der 280 Hektar umfassenden Vertragsweingärten oder weil Kellermeister Gerald Wieder dem veranstaltenden Weinbauverein vorsteht, sondern als frisch gebackener Landessieger. „Herosus“ heißt der heldenhafte Blaufränkisch, der diesen Lorbeer holte, und stammt aus dem Jahrgang 2018. Es ist ein Wein, der im Duft bereits mit dunkelbeerigem Charme – für uns vor allem von Heidelbeeren geprägt – prunkt. Die würzige Seite der Rebsorte zeigt sich in einem würzigen Kräuter-Ton, der an Thymian erinnert. Für seine Jugend ist der „Herosus“ bereits schön ausbalanciert; dezenter Gerbstoff und eine feine Säure sorgen für die Begleitmusik zu einem saftigen und fruchtsüßen Beeren-Mix. Diesmal denkt man eher an Brombeeren, wenn der Nachdruck dieses „BF“ spürbar wird am Gaumen. Bereits jetzt bestens in Form, aber auch noch mit ordentlichem Lagerpotenzial.
Ebenfalls mit einer aktuellen Auszeichnung – 97 von 100 Punkten und dem Kategoriesieg bei A la carte – schenkt Stefan Wellanschitz Kostproben aus. Der „Sonnensteig“ hat einen sprechenden Namen, denn die Südost-Lage hart an der ungarischen Grenze ist so etwas wie der „Grand cru“ des Hauses. Neben den Sonnenstunden sorgt auch das Silikatgestein für Wärme-Abstrahlung. Der Vorteil, in den Worten des Winzers: „Optimale, gleichmäßige Reifung der Beeren“. Wellanschitz läßt dem Wein auch Zeit im Fass, der aktuelle Jahrgang 2017 wurde erst im Vorjahr gefüllt. 30 Monate im Holzfass haben eine dunkle Aromatik hervorgebracht, bei der die Frucht allerdings sämtliche plakativen Holzwürze-Töne „aufgesaugt“ hat. So duftet er nach Küchenkräutern, vor allem aber einer Mischung aus Brombeere und dunklen Weichseln, die enorm einladend wirkt.
Das auffälligste Merkmal am Gaumen ist aber die Lebendigkeit des „Sonnensteigs“. Fast prickelnd-mineralische Noten wie ein Schluck Meerwasser bringt er mit. Die Frucht wirkt heller am Gaumen, hier sind es zuvorderst saftige Kirschen, die aber stets auch mit einer Tiefendimension aufwarten: Da blitzt wieder herbe Kräuterwürze (etwas Lorbeer) durch, dort ist es eine salzige Spur und dazwischen strahlt auch etwas Säure auf. Wie ein Relief scheint dieser Rotwein in die Tiefe gearbeitet worden zu sein – in jeder Hinsicht großer Blaufränkisch, der in drei, vier Jahren vielleicht sogar noch mehr zeigen wird, wie viel Eleganz dieser 2017er besitzt.
Schön für Weinfreunde ist, dass sich bei den Weintagen die Mischung aus Bundessiegern und Geheimtipps erleben läßt, die sich die markanten Neckenmarkter Rieden teilen. Das Weingut Kerstinger gehört trotz einer Größe von 14 Hektar noch zu den Betrieben, die entdeckt werden sollten. Im Weingarten ist Marianne Kerstinger die Chefin, während Hans Kerstinger im Keller tätig ist. Auf Zukauf verzichtet man, dafür vertraut man den Erträgen der beiden Paraderieden Hochberg und Bodigraben. Und wo wir davon reden: Ihr Blaufränkisch aus der Riede Bodigraben verdient im Jahrgang 2019 vor allem ein Prädikat: intensiv!
Brombeer-Likör, etwas Teer und auch erdige Würze zeigen im Duft schon die Herkunft an. Denn der Eisengehalt dieser Lage ist vergleichsweise hoch, der rote Glimmerschiefer sorgt ebenfalls für eine ausgeprägte Herkunftssignatur. Fast elegant tritt Kerstingers Wein auf, die saftigen Heidelbeeren und etwas Walnuss-Creme lullen einen aber nur kurz ein. Denn nach hinten hinaus geht dieser Rote richtiggehend in Würze auf: Rosmarin, etwas Dörrzwetschke und Plantagenschoko lassen den „Bodigraben“ noch lange nachklingen.
BF Reserve als saftiger Film aus Kirsche: Langs „L 1“
Will man Neulingen das Gebiet vorstellen, eignet sich oft eine Reserve besser als jugendlicher Blaufränkisch. Ein idealer Kandidat, weil er so wunderbar Sorte und Gebiet transportiert, ist dabei der „L 1“. Die Initiale von Stefan Lang kennzeichnet eine Blaufränkisch Reserve des Jahrgangs 2018. Die Trauben stammen vom Hochberg und bieten aktuell Sauerkirsche pur. Vielleicht auch etwas säurige Heidelbeere. Der „L 1“ geizt aber nicht mit würzigen Aromen: Roggen-Knäckebrot, so schräg das klingt, dazu frischer Steinpilz und auch ein Touch Wacholder ist zu erriechen. Wie ein saftiger Film aus Kirsche kleidet diese Reserve den Mundraum aus!
Sortentypisch und fast fleischig ist der erste Schluck, das Ganze bestens gestützt von einer Säure, die wie ein Katarakt über die Eichenfass-Noten stürzt. Diese dunklen, recht schokoladigen, aber niemals vanilligen, Reifetöne bilden den Mittelteil. Doch ihr Tee-feines Tannin kann den Druck und das Trinkanimo dieses Lang-Rotweins nicht bremsen. Klar, da wartet auch noch einige Zeit, doch wer den „L 1“ heute schon öffnet, wird keinesfalls enttäuscht. Quasi ein Mittelburgenländer, der immer „geht“!
Für „Weinkönner“ empfiehlt dann Hans-Jürgen Hufnagel seine Cuvée „Nexus“, die neben Blaufränkisch auch Cabernet Sauvignon und Merlot aufweist. Und dieser Wein aus dem Jahrgang 2017 öffnet sich nicht nur gerade, er zeigt auch das „Mehr“ an, dass weitere – meist internationale Rebsorten – dem Lokalregenten mitgeben. Wobei auffällt, dass man den „BF“ gerne auch erkennen soll, Holzeinsatz wie in früheren Jahrzehnten ist dem Stolz auf diese Sorte gewichen. Auch der „Nexus“ entlässt gleich einmal einen vertrauten Duft des Blaufränkisch erkennen: Kirsche ist sofort da, in diesem Falle weniger die säurige Weichsel, sondern eine, wohl vom Merlot-Anteil unterfütterte, fruchtsüße Version. Mitunter kommt auch die Brombeer-Nase dieses Cuvéepartners durch, doch in Summe ist klar der Blaufränkisch ton-angebend.
Am Gaumen darf dann auch der Syrah mitspielen; er sorgt für Würze, die sich in Form nussiger und auch zart erdiger Noten zeigt. Das Mundgefühl sollte man noch erwähnen, denn es ist ein samtig-runder Eindruck, der gleich zeigt, dass Hufnagels „Nexus“ auch als Essensbegleiter seine Meriten hat. Geschmortes, gerne auch Wild, passt zu diesem angenehmen, aber (dank Blaufränkisch!) nie zu breiten Wein.
Ebenfalls eine Cuvée picken wir beim Weingut und Schenkhaus Racz heraus. In der beliebten Schank von Wolfgang Racz kann man sich auch die Geschichte des Fahnenschwingers erzählen lassen. Fürst Nikolaus Esterházy spendete seinen Mitkämpfern gegen die anrückenden Türken und Ungarn die Ehrenfahne, die jährlich im Mittelpunkt eines Volksfests steht. So manchen Flaschenhals ziert diese Neckenmarkter Besonderheit auch heute. Doch zurück zum Wein der Familie Racz, der den schönen Namen „Sorelle“, Schwestern, trägt. Kirschfarben tanzt der Wein aus dem Schenkhaus im Glas und auch im Duft stellt sich sofort ein Weichsel-Ton ein. Begleitet wird er von frischem (!) Thymian und grünen Oliven, die für den würzigen Anteil dieser Cuvée stehen.
Denn in diesem Falle wurde Blaufränkisch mit Syrah und Cabernet Sauvignon kombiniert. Der 2018er „Sorelle“ schiebt auch gleich ordentlich an am Gaumen: Ein feiner, säuriger Nerv begleitet Einlegekirschen und Nougat von Beginn weg. Die würzige Seite – plus ein noch jugendlicher Gerbstoff – erscheinen im Finish wieder. Zarte Espresso-Noten plus ein Alzerl Eukalyptus (die Geschmacksspur des Syrah!) verbleiben als letzter Gruß an uns.
Josef Tesch wiederum hat einen Wein zu bieten, der auch eine der bekanntesten Neckenmarkter Cuvées darstellt. Vom „Titan“ wird aktuell der Jahrgang 2018 verkostet. Und man kann es nicht anders sagen als „da spielt es sich ab in der Nase“! Kokos-Stangerl und kandierte Veilchen, dazu eine tief reichende, dunkle Beerenfrucht (z. B. Brombeere) stehen auf der Haben-Seite. Feine Säure am Gaumen und ein sortentypischer Antritt geben den Blaufränkisch-Anteil preis.
Die Partner in dieser Cuvée Teschs (links im Bild) sind Cabernet Sauvignon und Merlot, was sich vor allem im üppigen Mitteilteil zeigt. Flüssiges Nougat kleidet hier den Gaumen aus, vom „Cab“ kommen auch würzige Töne. Etwas gerösteter Kaffee und reife Weichseln sorgen selbst im Finale noch für viel Druck bei diesem „Titan“. Vor allem unterstreicht der 2018er damit auch, dass er noch ein langes Leben vor sich hat [falls er nicht bei den Rotweintagen getrunken wird]!